6 Fragen an Alexander Maier

Die Digitalisierung verändert auch das Geschäftsmodell von Ingram Micro – weg vom klassischen Broadliner, hin zum agilen Full Service Provider. Wer davon profitiert?

Für Alexander Maier, Vice President & Chief Country Executive Germany bei Ingram Micro, liegt die Antwort auf der Hand: „Unsere Partner!”

 

Als Distributor erfindet sich Ingram Micro gerade neu: Was genau steckt hinter dem Strategiewechsel?

Alexander Maier: Ich würde auf unserem Weg zum Full Service Provider nicht von einer Neuerfindung oder einem Strategiewechsel sprechen, sondern von einer konsequenten Weiterentwicklung unseres starken Kerngeschäfts.

Über Veränderung nachdenken muss jeder – auch wir: Die Schwierigkeit besteht generell darin, dass man oftmals den richtigen Zeitpunkt für eine notwendige Veränderung erst erkennt, wenn man den Zeitpunkt bereits hinter sich gelassen hat. Das kann dazu führen, dass Unternehmen innerhalb kürzester Zeit den Anschluss im Markt verlieren. Deshalb fragen wir uns ständig, welchen Einfluss neue Technologien auf bestehende Geschäftsmodelle oder vorherrschende Marktstrukturen haben und welche Auswirkungen sich daraus für uns und die Markteilnehmer ergeben. Auf Basis dieser Veränderungsfaktoren bestimmen wir, welche Kompetenzen wir in der Zukunft benötigen – und richten genau danach Ingram Micro aus. Letztlich begreifen wir Digitalisierung als grundlegende organisatorische Veränderung, die durch den Einsatz von Technologien unsere Strategie, unsere Mitarbeiter und unsere Prozesse beeinflusst. Dadurch verbessern wir unsere Betriebsabläufe und schaffen neuen Kundennutzen.

Kundennutzen ist ein gutes Stichwort: Was haben Ihre Partner von der Weiterentwicklung zum Full Service Partner?

Alexander Maier: Auch unsere Partner müssen sich den Herausforderungen der Digitalisierung stellen. Wir liefern ihnen dabei nicht nur die technologische Grundlage. Wir stärken sie auch in der Leistungserbringung.

Digitale Lösungen werden immer komplexer, weil sie Produkte verschiedener Hersteller kombinieren. Unsere Partner sind nicht mehr in der Lage, das notwendige technische Know-how und alle relevanten Services selber zu erbringen. Genau da kommen wir ins Spiel. Denn wir unterstützen unsere Partner bei ihren täglichen Herausforderungen und lösen auch die komplexen Probleme ihrer Endkunden. Das Wissen unserer Experten erstreckt sich über alle relevanten Hersteller und Technologie-Themen wie Datacenter, Networking, Cyber Security, Modern Workplace oder Business Applications.

Ihr Support zielt aber auch auf ganz neue Services ab – bestes Beispiel: das Ingram Micro Solution Center in München.

Alexander Maier: Wir machen in unserem Solution Center die digitale Transformation erlebbar. Das ist branchenweit einzigartig. Denn wir bieten durch das Center eine Plattform für Hardware-, Software- und Multicloud-Umgebungen, mit der wir herstellerübergreifende Lösungen live testen und unsere Partner trainieren sowie zertifizieren. Dadurch erweitern unsere Partner mit wenig Aufwand ihr Leistungs-Portfolio und fördern so auch die Bindung zu ihren Endkunden.

Sie treten sogar als Finanzier auf. Was sagen denn da die Banken dazu?

Alexander Maier: Finanzierung ist ein Eckpfeiler unseres Leistungs-Portfolios. Aber auch ein sehr gutes Beispiel dafür, was wir unter Full-Service-Provider verstehen. Wir beobachten, dass sich die klassischen Banken aus dem Markt der IT-Finanzierung immer mehr zurückziehen. Parallel gehen Hersteller in ihren Angeboten fast ausschließlich auf eigene Produkte ein. Mit dem neuen „Technology Solutions Financing“ verknüpfen wir unsere Kompetenz in der Bereitstellung von IT-Lösungen mit der Expertise in der Technologie-Finanzierung. Im Gegensatz zu den Angeboten im Markt finanzieren wir herstellerunabhängig die Komplettlösung, die aus Hardware, Software und Services besteht.

Wir setzen dabei weder ein bestimmtes Volumen noch einen Mindestanteil an Hardware voraus. Damit geben wir unseren Partnern den notwendigen Spielraum für die Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle – gerade auch in den Bereichen Cloud und Managed Services.

Mit dem Cloud Marketplace bauen Sie parallel die weltgrößte End-to-End-Handelsplattform auf. Was haben Ihre Partner davon?

Alexander Maier: Der Markt für digitale Dienste boomt. Mit unserem digitalen Handelsplatz vernetzen wir unsere Partner im größten Cloud-Ökosystem der Welt. Der direkte Zugang zu skalierbaren Cloud-Produkten und -Services auf Abonnementbasis eröffnet unseren Partnern ein neues, schnell wachsendes Geschäftsfeld, mit dem sie auch neue Kundensegmente ansprechen und erreichen.

Und weil sich ohne Vermarktung die besten CloudServices nicht verkaufen, gibt es auf dem Cloud Marketplace für unsere Partner sogar noch einen kostenfreien Marketing-Support im Go-to-Market Hub – unter anderem mit Verkaufsleitfäden und -argumenten sowie individualisierbaren Vorlagen für Online-Banner, E-Mails und Landing Pages.

Auf dem Weg zum Full Service Provider reicht es nicht, in neue Geschäftsfelder zu investieren. Veränderungen beginnen in den Köpfen.

Alexander Maier: Wir alle müssen unser Silodenken überwinden. Und mit „wir” meine ich jeden einzelnen von uns bei Ingram Micro. Neugier ist dabei eine Schlüsselkompetenz für den zukünftigen Erfolg. Dazu braucht es ein Umfeld, in dem Mitarbeiter nicht auf die eigene Sichtweise beharren, sondern durch das Teilen von Informationen und das aktive Zuhören gemeinsam neue Ansätze entwickeln. Deshalb ist es wichtig, sich selbst immer wieder zu hinterfragen und eine offene Fehler- und Feed-backkultur zu leben. Das ist nicht immer angenehm, lohnt sich aber, weil es Fortschritt bedeutet!

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